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Zentraleuropa ist nicht gerade das einfachste Suchgebiet für Meteoritensucher. Statistisch fallen hierzulande zwar genauso viele Meteoriten vom Himmel wie anderswo – aber die Chance, einer dieser gefallenen Steine wiederzufinden, ist um ein weites schwieriger. Das liegt an der Zivilisationm, Vegetation & Verwitterung.
Meteoriten in der Schweiz
In der Schweiz wird die ohnehin schwierige Meteoritensuche im alpinen Gelände weiter erschwert. 11 glaubhafte Fälle sind in der Statistik verzeichnet. Den Anfang machte der Rafrüti-Eisenmeteorit aus den Emmentaler Alpen. 18,8 Kilogramm wog der 1886 gefallene Stein, der sich im Übrigen durch einen besonders geringen Gehalt an dem Metall Iridium auszeichnet. An Gewicht übertroffen wurde er erst durch den 1984 entdeckten, 72kg schweren Twannberg-Meteoriten.
In Mitteleuropa haben Bauern wahrscheinlich die besten Chancen, zufällig auf einen Meteoriten zu stoßen. 1984 entdeckte eine Schweizer Bäuerin einen ungewöhnlichen, knapp 16 Kilo schweren Stein auf ihrem frisch gepflügten Gerstenfeld. Der Fund stellte sich als größter Meteorit heraus, der jemals in der Schweiz entdeckt wurde. Mehr noch: der Eisenmeteorit ist ein Hexaedrit mit besonders geringem Nickelanteil und zählt zu der sehr seltenen Untergruppe IIG.
Bis heute wurden rund um den Schweizer Twannberg, der dem Meteoriten seinen Namen gab, über 600 Fragmente gefunden. Die in systematischer Suche entdeckten Meteoriten verteilen sich über ein mindestens fünf Kilometer langes Streufeld. Auch dies ist nach Experteneinschätzung ein außergewöhnlicher Befund innerhalb Europas. Die Gesamtmasse von Twannberg summiert sich mittlerweile auf über 72 Kilogramm und könnte in den kommenden Jahren weiter steigen, zumal die Bevölkerung nun ahnt, welchen Wert ungewöhnliche Fundsteine haben könnten.
Vermutlich über 160.000 Jahre lag der Twannberg-Meteorit in der Erdkrume des heutigen Kantons Bern. Die meisten Stücke hatten sich kaum mehr als eine Handbreite in den weichen Boden eingegraben. Da kam ein Ackerpflug gerade recht, um den außerirdischen Stein aus seinem Versteck zu heben.
Meteoriten in Österreich
Ähnlich übersichtlich wie in der Schweiz ist die Meteoritenliste von Österreich. Daher ist es kaum überraschend, dass in der Alpenrepublik erst 9 Meteoriten gefunden wurden – den Neuschwanstein-Meteoriten, dessen Hauptmasse das nahe Deutschland traf, bereits mitgezählt. Auch der erste verzeichnete Meteorit fiel am 20. November 1768 auf seinerzeit bayerisches Territorium. Allerdings kam der Ort Mauerkirchen später zu Österreich und wird daher als österreichischer Fall gezählt. Wahrscheinlich wog die gefundene Gesamtmasse des gewöhnlichen Chondriten rund 19 Kilogramm. Der Stein sei knapp einen Schuh lang und sechs Zoll breit gewesen, berichteten Augenzeugen. Etliche Bruchstücke des historischen Mauerkirchen-Meteoriten finden sich noch heute in verschiedenen Museen.
Ein spektakulärer Neuzugang ist seit Kurzem aus der Steiermark zu vermelden: der Kindberg-Meteorit. Eigentlich war der Steinmeteorit bereits am 19.11.2020 niedergegangen, aber einsetzender Schneefall und ein extrem großes Suchareal erschwerten die Bedingungen erheblich. Erst im Juli 2021 wurde in der Gemeinde Kindberg ein 233 Gramm schweres Bruchstück gefunden, das aber noch endgültig klassifiziert werden muss.
Der „Chiemgau-Einschlag“
Seit Anfang unseres Jahrtausends schwelt im Südosten Bayerns ein Konflikt zwischen (Amateur-)Forschern und anderen Wissenschaftlern um den sogenannten „Chiemgau-Einschlag“. Die regionale Forschergruppe will in der Nähe des Chiemsees zahlreiche Hinweise darauf entdeckt haben, dass dort vor mehr als 2000 Jahren ein großer Meteorit abgestürzt sein soll. Nach ihrer Theorie ist der Chiemsee-Meteorit auch für zahlreiche kraterähnliche Strukturen verantwortlich, in denen sich Seen gesammelt haben. Die meisten Wissenschaftler lehnen diese Außenseiter-Theorie allerdings ab und deuten ungewöhnliche Oberflächenerscheinungen im Chiemgau als „Toteislöcher“ oder andere eiszeitliche Phänomene.
Meteoriten in Deutschland
Angesichts von intensiver Verwitterung und wuchernder Vegetation sind Zufallsfunde vergleichsweise unwahrscheinlich. Unser regnerisches, wechselwarmes Wetter verändert langfristig das Äußere der Meteoriten bis zur Unkenntlichkeit und zerstört schließlich die Grundsubstanz. Nur 19 der gut 50 deutschen Meteoriten wurden von Bauern, Steinbruchbetreibern (Obernkirchen) oder anderen Personen zufällig ausgegraben. Die übrigen Meteoriten wurden bereits als fliegende Feuerkugel gesichtet, bevor sie glücklicherweise auf sicheres Terrain fielen und schnell geborgen werden konnte. Der schwerste von ihnen war der 1,5 Tonnen wiegende Bitburg-Eisenmeteorit aus dem Jahr 1805.
Die frühesten überlieferten Meteoritenfälle datieren aus dem 16. Jahrhundert, sind aber wissenschaftlich umstritten. Der erste glaubhafte Fall wurde vom 27. Februar 1671 dokumentiert: Im heutigen Ortenaukreis in Baden-Württemberg sei ein „10 Pfund“ schweres Objekt vom Himmel gestürzt, heißt es. Von jenem Steinmeteoriten sind allerdings keine Reste erhalten geblieben. Die Region zwischen Rhein und Schwarzwald scheint übrigens für Meteoriten prädestiniert zu sein, denn am 10. Juli 2018 fiel hier Deutschlands drittletzter Meteorit nahe der Ortschaft Renchen. Dass sich die Zahl der tatsächlich gefundenen Meteoriten vor allem in Süddeutschland erhöht, ist wohl einem internationalen Beobachtungssystem – dem „Feuerkugelnetzwerk“ – zu verdanken.
Benthullen-Meteorit (Chondrit, gefunden 1946), in der Sonderausstellung des Naturhistorischen Museums Nürnberg 2022, Leihgabe des Landesmuseums Natur und Mensch Oldenburg
Als wissenschaftliche Sensation entpuppte sich der Flensburg-Meteorit, der am 12. September 2019 tatsächlich in einen Vorgarten fiel: ein kohliger Chondrit des Typs „C1-ungruppiert“. Nach neusten Analysen enthält er die ältesten jemals gefundenen Karbonate des Sonnensystems. Jüngster Neuzugang ist aber der Blaubeuren-Meteorit: Dieser Steinmeteorit lag über 30 Jahre in einem Garten, bevor seine außerirdische Herkunft jetzt erkannt wurde.
Mehr Informationen zu den bekannten Meteoriten Krähenberg (gefallen 1869) und Neuschwanstein (gefallen 2002) lesen Sie auf den entsprechenden Seiten.
Vortrag in zwei Teilen über die bayerischen Meteoriten Neuschwanstein, Machtenstein und Stubenberg (Vortragender Dieter Heinlein, DLR, beim Astronomischen Kolloquium der Sternwarte Rosenheim)